Last updated: 17.05.2003
Neulich,

 

in der Abenddämmerung an einem Schmuddeltag zwischen Weihnachten und Neujahr in der Feldmark zwischen Sievern und Wremen. An nichts Böses denkend, trabe ich im Halbdunkel vor mich hin - Jogger sind halt so. Dunkelheit, Witterung oder Tageszeit kann diese Spezies nicht von ihrem Tun abhalten oder gar schrecken. Und so kommt, was kommen muß. Urplötzlich ich stoße auf einen Heger, der in seinem abgedunkelten PKW sitzend aufpaßt, daß kein Häschen verlorengeht. "Das ist aber gefährlich, was sie da machen" tönt es aus dem geöffneten Seitenfenster. "Ach ..", sage ich verdutzt, krampfhaft überlegend, von welcher Gefahr wohl die Rede sein könnte, fernab allen Verkehrs auf einem Wirtschaftsweg. Laufen, gefährlich? Der Zug vielleicht, wenn ich die Gleise quere? Sicher, auch ich habe daran gedacht, ob ich meinen Sport auch noch mit Neunzig ausüben kann, doch diese Gefahr kann der freundliche Heger wohl nicht gemeint haben. Ein paar Schritte weiter, fällt es mir wie Schuppen von den Augen: Blattschußgefahr! Haupthegezeit, keine Schonzeit! Augenblicklich verspannt sich mein Nacken, meine Augen versuchen, das Dunkel zu durchdringen um die beschworene Gefahr ausfindig zu machen. Locker bleiben, ruhig weiterlaufen, aufgerichtet(!) bleiben und keine hirsch- oder eberartigen Bewegungen machen, dann schaffst du´s noch bis zur Straße. Horrorszenarien geistern durch meinen Kopf: Ein weidgerecht aufgebrochener Jogger auf der Strecke, hornblasende Heger, Hundebellen, der obligatorische grüne Zweig. Nein, es ging noch einmal gut. Die Bleivergiftung blieb aus, ich lebe noch.

Was lernen wir Naturapostel nun daraus? Wir haben Konkurrenz, draußen im Feld. Die Gefahr ist durchaus gegeben, daß sich der Blick eines Hegers trotz restlichtverstärkter Zieloptik im entscheidenden Moment so trübt, daß er einen Eber von einem Jogger nicht zu unterscheiden vermag. Sollen wir deshalb nach Einbruch der Dunkelheit unserem Drang nach Bewegung und Natur besser nicht mehr nachgeben? Und wenn doch, uns jedesmal vorher von der Familie verabschieden, als wäre es für immer? Ist die Feldmark in der Winterzeit für Radfahrer und Fußgänger nach Einbruch der Dunkelheit aus Sicherheitsgünden zu sperren? Oder vermehren sich die Läufer in der Gemeinde so stark, daß sie ausgedünnt werden müssen? Fragen über Fragen.

Für mich keine Frage: Bewaffnete Naturliebhaber werden sich daran gewöhnen müssen, daß sich in ihren Revieren nicht nur Vierbeiner aufhalten. Die Kunst liegt halt im Unterscheiden!

-pv